Wer eine Arzt- oder Zahnarztpraxis fortführen, übergeben oder sich beteiligen möchte, muss den Praxiswert kennen. Wer sich damit näher beschäftigt, wird feststellen, dass dies kein triviales Unterfangen ist.
Bei der Praxiswertermittlung gibt es keine gesetzlich vorgeschriebene Methode. Jedoch gibt es mit der modifizierten Ertragswertmethode eine rechtlich anerkannte Vorgehensweise, die versucht, den Wert einer Arzt- oder Zahnarztpraxis belastbar zu ermitteln.
Definition: Was ist ein Praxiswert?
Der Praxiswert einer ärztlichen Praxis ist das Resultat einer betriebswirtschafltichen Bewertung und ist aufgrund der starken Personenbezogenheit vom Geschäftswert (Firmenwert) eines gewerblichen Unternehmens in kaufmännischer Sicht zu differenzieren.
Der Praxiswert ist die Summe aus dem materiellen und dem immateriellen Wert der Praxis.
- Materieller Praxiswert: Substanzwert
- Immaterieller Praxiswert: Ideeller Wert
Substanzwert einer Praxis
Der Substanzwert setzt sich maßgeblich aus dem Anlage- und Vorratsvermögen einer Praxis zusammen und bildet folglich die Basis einer Praxisbewertung ab.
Der Substanzwert ergibt sich grundsätzlich aus
- Grund und Boden, der zum notwendigen Betriebsvermögen gehört,
- Praxis- und Laboreinrichtungen,
- medizinisch-technische Geräte
- und Vorräten.
Der Substanzwert ist demnach die Summe der Verkehrswerte der bilanzierungsfähigen Wirtschaftsgüter.
Der Verkehrswert entspricht dem Zeitwert der bilanzierungsfähigen Wirtschaftsgüter und ist für jedes einzelne Wirtschaftsgut festzustellen.
Von der Ermittlung des Substanzwertes in der Regel ausgeschlossen werden
- ausstehende Forderungen und
- Verbindlichkeiten (Praxisschulden).
Ideeller Wert einer Praxis
Der ideelle Wert oder oft auch “Good-Will” einer ärztlichen Praxis setzt sich aus immateriellen Werten zusammen und ist stark an die Person des Inhabers geknüpft.
Die hauptsächlichen Determinanten des ideellen Wertes sind
- die Person bzw. Leistungsfähigkeit des Praxisinhabers,
- Standort und Organisation der Praxis,
- Fachrichtung,
- Reputation der Praxis,
- aktuelle und zu erwartende Konkurrenz durch neue Praxen,
- Anzahl und Qualität der Patienten sowie
- die Leistungsfähigkeit der Praxis und des Personals.
Da diese werttreibenden Faktoren sehr individuell sind, bedarf es belastbarer Methoden, um sich dem wahren immateriellen Wert anzunähern.
Neben der Ärztekammermethode, die den Umsatz einer Arzt- oder Zahnarztpraxis betrachtet, gibt es noch die modifizierte Ertragswertmethode, die den Ertrag als Bewertungsgrundlage verwendet.
Modifizierte Ertragswertmethode
Neben der Ärztekammermethode, die den Umsatz einer Arzt- oder Zahnarztpraxis betrachtet, gibt es die modifizierte Ertragswertmethode, die den Ertrag als Bewertungsgrundlage verwendet.
Die modifizierte Ertragswertmethode stellt eine Methode dar, bei der die zu erwartenden Gewinne der Zukunft ermittelt werden. Die zu erwartende Gewinne werden anschließend auf die Gegenwart diskontiert, sprich abgezinst, um zu kalkulieren, wie viel die künftigen Gewinne zum Tag der Bewertung wert sind.
Die Prognosen des zukünftigen Ertrags basieren hierbei auf realistischen und plausiblen Erwartungen.
Es wird die Ertragsentwicklung der Praxis in den letzten drei Jahren vor dem Bewertungsjahr analysiert und bewertet. Daraus wird dann die zukünftige Ertragsentwicklung abgeleitet.
Dabei sollte berücksichtigt werden, ob es in den letzten Jahren eine signifikante Veränderung (Anstieg oder Abfall) der Ertragssituation gegeben hat, da dies die künftigen Ertragserwartungen beeinflusst.
Dabei sollte berücksichtigt werden, ob es in den letzten Jahren eine signifikante Veränderung (Anstieg oder Abfall) der Ertragssituation gegeben hat, da dies die künftigen Ertragserwartungen beeinflusst.
Der Ertrag meint hier Einnahmen minus Kosten. Der Ertrag muss anschließend noch um den kalkulatorischen Ärzte-Lohn sowie die Ertragsteuern gemindert werden.
Der kalkulatorische Ärzte-Lohn ist eine angemessene Vergütung der ärztlichen Arbeitsleistung, die bei der Ertragsbetrachtung einkalkuliert werden muss.
Die modifizierte Ertragswertmethode wurde Bundessozialgericht (BSG) in einem Urteil als geeignet befunden.
Dies gilt grundsätzlich für alle Arztpraxen, egal ob es sich um die Praxiswertermittlung einer Zahnarztpraxis, Hausarztpraxis, Tierarztpraxis oder vom Nervenarzt handelt.
Auch andere medizinische Bereiche wie Physiotherapie oder Osteopathie können der Praxiswert nach dieser Methode ermitteln.
Praxiswert und Marktpreis: Worauf sollten Sie achten
Unsere Erfahrung zeigt, dass Praxisinhaber oft nicht den Preis bekommen, den Sie sich erhoffen.
Der Marktpreis einer Praxis bildet sich durch das Zusammenführen von Angebot und Nachfrage, was dazu führt, dass die Preise stark von dem ermittelten Wert abweichen können.
Gerade in ländlichen Regionen fehlen Nachfolger, wodurch der Marktpreis oft signifikant unter dem eigentlichen Wert liegt oder ein Verkauf gar unmöglich scheint. In attraktiven Städten kann der Marktpreis hingegen über dem ermittelten Wert liegen.
Bringen Sie Ihre Praxis auf einen Stand, der einem Käufer sofort die Sicherheit gibt, den Kaufgegenstand auch nachhaltig und gewinnbringend nutzen zu können.
Anschließend knüpfen Sie in den entsprechenden Netzwerken Kontakte und bieten hier aktiv “Probefahrten” an und eine festgesetzte Zeitphase, in der Sie behilflich sind bei der Einarbeitung und Übernahme.
Unabhängig von dem ermittelten Wert, kann so ein Preis inklusive der eingebrachten Unterstützung verhandelt werden, der eine Win-Win-Situation für Käufer und Verkäufer darstellt.
Hierin liegt der wesentliche Unterschied zwischen einem Wert und einem Marktpreis. Und beim Praxisverkauf gilt es, einen guten und fairen Preis zu erzielen, der sowohl das Lebenswerk des Abgebenden honoriert, als auch einen Käufer mit einem nachhaltig sicheren Praxis in die Zukunft zu schicken.
Fazit
Die Praxiswertermittlung ist eine wichtige Basis, um eine Verhandlungsgrundlage für den Abgebenden und den Übernehmenden einer Praxis zu schaffen. Die modifizierte Ertragswertmethode ist eine rechtlich anerkannte Vorgehensweise, um diesen Wert zu ermitteln.